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#9.1 Römer 14 und die Gewissensfrage – Vers 1

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Wie im ersten Beitrag erklärt (#9.0 Römer 14 und die Gewissensfrage), werde ich hier die die einzelnen Verse auslegen und auf die heutige Situation beziehen. Es ist viel Text aber ich glaube das du dadurch mehr verstehen wirst, was Paulus uns sagen wollte.

Daher beginnen wir gleich mit Vers 1:

(1) Nehmt den Schwachen im Glauben an, ohne über Gewissensfragen zu streiten.

„Aufnehmen“

Hier Fordert Paulus zuerst auf, dass wir diese Person Aufnehmen sollen. Das ist eine Aufforderung, also ein Imperativ: Nehmt an! Es ist keine Option oder Möglichkeit, sondern Pflicht.  In der Menge-Übersetzung wird sogar gesagt das auf den schwachen liebevoll Rücksicht genommen werden soll.

Also hier ist in erste Linie der Starke gemeint, das er sich dem Schwachen gegenüber liebvoll und offen entgegenbringen soll.

„Den Schwachen im Glauben“

Wer ist der „Schwache im Glauben“? Hat er einen schwachen Glauben?
Es ist einer, der in seinem Glauben schwach ist, also er hat gewisse Dinge noch nicht erkannt, oder verstanden.

An sich wird das Wort auch für Krankheit verwendet. Also ein Zustand der nicht erwünscht ist und geheilt werden soll. Er ist schwach (egal wie es passiert ist) und muss daher besonders beachtet werden.

Wir würden auch nicht schwache und kranke Menschen gleich behandelt wie gesunde und von ihnen fordern, dass sie das Gleiche tun können, wie gesunde.
Aber das Ziel ist auch nicht einen Schwachen so schwach zu lassen, sondern in gesunden zu lassen. Aber wie schon vorher beschrieben, sollen wir diese Person „aufnehmen“. Diese Person soll in ihrer Schwachheit aufgenommen werden und nicht erst Anforderungen zur Aufnahme gestellt werden. Und wie geschieht das „aufnehmen“?

„Ohne..zu streiten“

Indem man nicht mit ihm streitet.

Also streiten heißt mit ihm diskutieren und eine Entscheidung treffen oder ihn zu einer Entscheidung zu zwingen. So sagt es die Elberfelder 2006: „nicht zur Entscheidung zweifelhafter Fragen!“.

Also er soll nicht gezwungen werden hier eine Entscheidung zu treffen, oder dass er sein Gewissen dadurch verletzt, das es etwas tun sollte, was er nicht kann.

„Gewissensfragen“

Was ist mit Gewissensfragen gemeint? Der Kontext erwähnt explizit einige:

  • Essen (Fleisch/Gemüse),
  • Wein (also Gebrauch von Alkohol;  Sei es kultisch unreiner, oder auch die Menge die zu Trunkenheit führt),
  • Feiertage (Entweder der Sabbath an sich, oder die Feiertage der Juden, oder die Feiertage der Heiden)

Von dem ganzen Punkten her, klingt es sehr nach einem Unterschied zwischen jüdischen Christen und heidnischen Christen. Das ist auch die mehrheitliche Meinung der Kommentatoren.

Bei den Juden gab und gibt es bestimmte Vorschriften zu Essen, Trinken und Feiertage. Und dies kollidierte dann mit der Überzeugung der Heidnischen Christen, die diesen Hintergrund nicht hatten.

Es könnten auch Heiden gewesen sein, die Christen geworden sind und aufgrund des Missbrauches von Fleisch und Wein als Götzenopfer darauf komplett verzichten wollten.

Da aber der Aspekt von Feiertagen noch dazu reinkam, und es als Tag für den Herrn oder einfach ein Nichtfeiern dieses Tages war, tendiere ich zu einem Disput zwischen jüdischen und heidnischen Christen. Denn das Feiern oder Nichtfeiern des Laubhüttenfestes oder Passahs wäre für einen Heiden beides möglich. Aber wenn es um heidnische Feiertage für die Götter ginge, so wäre es auch für den heidnischen Christen ein Problem.

Nun stellt sich aber trotzdem noch die Frage, ob unter Gewissensfragen nur diese 3 Themen, also Essen, Trinken und Feiertage gemeint sind? Wenn wir bis zum Ende gehen mit der Auslegung, würden wir in Vers 21 auf folgende Aussage stoßen und darum greife ich darauf vor. Denn wir könnten es auch ständig im Hinterkopf behalten, aber damit wir das jetzt schon erledigt haben, will ich das klären:

„Es ist gut, wenn du kein Fleisch isst und keinen Wein trinkst, noch sonst etwas tust, woran dein Bruder Anstoß oder Ärgernis nehmen oder schwach werden könnte.“

Aber auch ohne zu der Stelle zu springen werden wir mit dem Wort „Gewissensfragen“ oder „zweifelhafte Dinge“ Sachen angesprochen, die nicht eindeutig oder explizit in der Schrift zu finden sind. Alternative Beschreibungen des Wortes „Gewissensfragen“ wären: „Ansichten, Meinungen, Auffassungen“ oder „Beurteilung von Gedanken“. Denn der Vers 1 nennt es ja zuerst allgemein eine Gewissensfrage. Würde es sich nur auf Fleisch, Wein und Feiertage beziehen, könnte Paulus es auch anderes beginnen und nicht das Wort „Gewissensfragen“ nehmen, sondern „Jüdische Bräuche“ oder sonst etwas. Da er diese jüdischen Bräuche einbezieht aber es nicht ganz klar als „nur“ jüdische Bräuche definiert, liegt meines Erachtens daran, das er absichtlich anhand dieser drei Beispiele ein allgemeingültiges Prinzip erklären wollte das er mit dem Begriff „Gewissensfragen“ oder „Ansichten“ definiert.

Es sind Dinge, in der man eine andere Meinung haben kann. Es gibt Sachen, die Essentiell sind und da kann keine unterschiedliche Meinung geduldet werden (Sachen des Evangeliums, wie Buße, Gnade oder auch die Gottheit Jesu). Manche andere Sachen sind als Verbote in der Bibel zu finden, wie sich von der Trunkenheit zu enthalten. Das sind klare Lehren oder Gebote. Da gibt es auch nicht zu diskutieren. In Kapitel 12 und 13 im Römerbrief gibt Paulus befehle und Anforderungen an die Christen, die nicht als Gewissensdinge abgetan werden können. Die Steuer zu zahlen ist ein Befehl in Römer 13,6-7. Und da gibt es keine andere Meinung.

Aber die Erziehung, Kultur und das Umfeld, sowie auch sein eigener Charakter und Temperament spielen eine große Rolle, wie ich mit  Fragen umgehe, die nicht Eindeutig im Bibeltext erwähnt werden. Denn meine Prägung spielt eine große Rolle, wie ich zu den Gewissensfragen stehe oder wie ich überhaupt dazu gekommen bin. Oft ist es einem nicht bewusst und er merkt es erst, wenn er sein gewohntes Umfeld oder sogar seine Kultur um sich wechselt.

Jedenfalls haben wir nun im Text wie oben erwähnt nur einige Punkte im Text und nicht Themen wie Kopfbedeckung oder Kleidung. War es denn nicht wichtig das auch hier zu erwähnen? Ich denke wenn wir weitere gehen mit dem Text, den Überlegungen und der historischen Begebenheiten, werden wir merken, dass das Thema „unreines Fleisch“ oder „Schweinefleisch“ eine viel viel brisanteres Thema war, als eine Kleiderordnung.  Auch wenn es heute manche Christen anders sehen. Daher möchte ich es im folgenden etwas erläutern.

Kurz gesagt, kann es auch auf Dinge bezogen werden, die Anstoß bereiten könnten, aber hier nicht aufgeführt sind. Paulus nimmt das aktuelle Beispiel um daran zu erklären wie damit generell umgegangen werden soll. Es war ein tatsächlicher Fall und den Gemeindegliedern war es extrem wichtig, diese Frage gelöst zu haben. Paulus hätte hier auch Kleidung oder Schuhwahl, oder sonst etwas aufführen können, aber das war einfach nicht das Streitthema in Rom.

Zusammenfassung

Wir fassen zusammen:
Gewissensfragen sind Sachen, die nicht eindeutig oder explizit in der Schrift zu finden sind.
Der Starke: ist der, der weniger Skrupel hat, oder Freier im ausleben als Christ ist.
Der Schwache: Hat einge Bedenken und hat Probleme mit der Freiheit, die der starke Christ hat.

Es ist natürlich nicht so, das man immer stark ist, wenn man sich von kaum etwas enthält. Jeder Christ hat irgendwo seine Stärken und seine Schwächen. Der eine Christ hat Probleme mit Shorts bei seinen Mitchristen, aber dafür kann er Schwarzarbeiten (was ich persönlich aber nicht als Gewissensfrage sehe, sondern als Sünde). Der andere hat keine Probleme mit Schmuck, aber dafür kann er nicht im Restaurant essen gehen. Es ist nicht immer schwarz/weiß, sondern vieles ist eine Prägung. Daher sollte man sich als vermeintlich starker Christ nicht denken, dass man in allem der Starke ist, sondern es wird Bereiche geben, wo man selber schwach ist und Probleme haben wird. Daher ist dieser Abschnitt für beide Seiten eine Goldgrube und ich wünsche das jeder Christ das verinnerlicht um die Gemeinde zur Einheit zu bringen.

In dem nächsten Betrag werde ich den Vers 2 betrachten. Und da könnt ihr euch auf etwas geschichtlichem Hintergrund des Verses freuen 🙂

Hier geht es zum Beitrag: #9.2 Römer 14 und die Gewissensfrage – Vers 2 und Schweinefleisch

Liebe Grüße
Simon

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