Vers 14: Was ist Unrein?
Hier stellt sich Paulus das erste mal auf die Seite des starken Bruders und erklärt wie er zum Thema „unreines“ Fleisch steht:
(14) Ich weiß und bin überzeugt in dem Herrn Jesus, dass nichts an und für sich unrein ist; sondern es ist nur für den unrein, der etwas für unrein hält.
Das Problem ist nicht beim Fleisch zu suchen, sondern bei dem, der es isst oder nicht isst. Ich denke wir müssen da nicht weiter erklären, denn wir kennen die Vision die Petrus hatte. Das er unreines Fleisch schlachten und Essen sollte. Und das dann Gott ihm offenbarte, dass das, war er rein gemacht hat, nicht unrein ist.
Das Problem liegt laut Paulus hier:
Vers 15: Verletzt nicht deinen Bruder!
(15) Wenn aber dein Bruder um einer Speise willen betrübt wird, so wandelst du nicht mehr gemäß der Liebe. Verdirb mit deiner Speise nicht denjenigen, für den Christus gestorben ist!
(16) So soll nun euer Bestes nicht verlästert werden.
Wenn nun du deinen Bruder dadurch verletzt oder dazu bringst, dass dies sein geistliches Leben negativ beeinflusst, dann handelst du absolut falsch.
Da kommen bei mir gleich 2 Fragen auf. Die eine ist theologischer Natur:
„Kann ein Christ den verderben, also verloren gehen?“ Darauf werde ich in einem späteren Beitrag meine Meinung etwas genauer schildern. Aber um es kurz zu fassen: Ich sehe es weder hier noch aufgrund des ganzen Kontextes des Römerbriefes als möglich, das die Bibel davon spricht, das ein Christ sein Heil verlieren, oder ein Christ ein Nichtchrist werden kann. Für mich ist die reformatorische Definition von der Heilssicherheit so:
Ein Christ wird in erster Linie durch Gottes Gnade und auch durch sein Beharren im Glauben bleiben und das Heil erlangen.
Hier in dem Vers jedoch, geh ich mit Schnabels Meinung mit, der sagt das Paulus eher das subjektive Empfinden des schwachen Bruders meint, der sich selbst verdammt, wenn er diese Dinge tut.
Daher ist meine zweite Frage: „Sollen wir nun als starke alles weglassen, was den schwachen Bruder provoziert oder schwach machen könnte?“ Wär es nicht eine hinterrücks erzeugte Möglichkeit, Regeln zu etablieren? Indem das Verhalten und Denken des Schwachen die Gemeindekultur dominiert? Dazu habe ich die Predigt von R.C.Sproul übersetzten lassen mit dem Titel: „Die Tyrannei des schwachen Bruders“ (im Original ist es hier zu finden: (https://www.youtube.com/watch?v=_hX-ifma5-k)
Und da fasst er es im letzten Teil zusammen (ab Minute 51:41) :
In dem Moment, in dem der schwächere Bruder versuchte, seine persönlichen Skrupel als Gesetz der Kirche durchzusetzen, war das Evangelium selbst bedroht. An diesem Punkt kämpfte Paulus mit aller Kraft gegen die Tyrannei des schwächeren Bruders, anstatt seine eigene christliche Freiheit zu verleugnen. Sobald jemand versucht, auf der Grundlage seines eigenen Gewissens seine Skrupel als für die ganze Kirche verbindliche Regel durchzusetzen, muss ihm Widerstand geleistet werden. Es darf nicht zugelassen werden, dass sie Gesetze aufstellen, wo Gott uns die Freiheit gelassen hat.
Das Verständnis dieser Grundsätze ist intellektuell nicht schwierig. Ihre Anwendung in realen Situationen erfordert jedoch die Weisheit Salomos – und noch viel mehr. Wir sind aufgerufen, das Wort Gottes und die Liebe Christi, die in unseren Herzen ausgegossen ist, anzuwenden, nicht nur, um an unserer eigenen Freiheit festzuhalten, sondern auch, um das Evangelium zu schützen und dabei geduldig und freundlich mit denen umzugehen, die noch jung im Glauben oder in ihrem Verständnis eingeschränkt sind. Gleichzeitig dürfen wir nicht zulassen, dass andere falsche Vorstellungen vom Christentum bekommen
Es kann schwer sein, aber wenn der Wille der Gemeinde und vor allem der Pastoren da ist, kann und wird es gelingen.
Und deswegen fasst Paulus zusammen um was es geht:
Verse 17-19: Es geht um Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist
(17) Denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist; (18) wer darin Christus dient, der ist Gott wohlgefällig und auch von den Menschen geschätzt. (19) So lasst uns nun nach dem streben, was zum Frieden und zur gegenseitigen Erbauung dient.
Darum geht es im Reich Gottes. Und so sollen die Menschen es empfinden, wenn sie die Gemeinden besuchen. Als einen Ort der Liebe und des Friedens. Und das Verhalten wird nicht nur die Gemeinde stärken, sondern auch wachsen lassen.
Verse 20-21: Mein Handeln als starker Christ
Wenn du nun weißt, das du keine Problem damit hast, aber deine Geschwister damit ein Problem haben, so sagt Paulus:
(20) Zerstöre nicht wegen einer Speise das Werk Gottes! Es ist zwar alles rein, aber es ist demjenigen schädlich, der es mit Anstoß isst. (21) Es ist gut, wenn du kein Fleisch isst und keinen Wein trinkst, noch sonst etwas tust, woran dein Bruder Anstoß oder Ärgernis nehmen oder schwach werden könnte.(22) Du hast Glauben? Habe ihn für dich selbst vor Gott! Glückselig, wer sich selbst nicht verurteilt in dem, was er gutheißt!
Es geht hier nicht um deinen Bauch oder dein Empfinden. Wenn du deinen Bruder dadurch wirklich Sündigen lässt, so musst du es unterlassen. Du kannst es zuhause machen. Wenn du deine Freiheit vor Gott damit hast, so ist es dir erlaubt. Aber sobald du in der Gegenwart des schwachen Bruders ihn dadurch provozierst oder ihn dazu verleitest es auch zu tun, sündigst du.
Wie ist es aber nun mit den Sachen wie Kleiderordnung? Wenn schwache Geschwister mit einer Frauenhose ein Problem haben, darf es dann nicht mehr in der Gemeinde getragen werden, da dadurch der Christ verletzt wird. Oder mit dem Kopftuch oder anderen Dingen, die in manchen Gemeinden Unstimmigkeiten erzeugen?
Zuerst geht es in diesem Text nur um Gemeindezusammenkünfte. Also Zuhause dürfte der heidnische Christ das Fleisch essen. Da hätte er keine Probleme. Daher wäre es vergleichbar mit einer Frauenhose von Römer 14 her kein Problem, das es dort getragen werden kann, wo man dem schwachen Mitchristen kein Anstoß bereitet. Natürlich ist es heutzutage durch soziale Medien noch schwieriger das privat zu halten. Durch Instagramm, Telegramm und WhatsApp sind alle immer bestens über das Leben des anderen informiert. Aber wie sieht es im Gemeindlichen Kontext aus? Kann ein Bruder oder eine Schwester verlangen, dass alle Kleider oder Röcke tragen sollen, weil es ihr sonst ein Anstoß ist? Wenn wir die Worte von Sproul nehmen, dann ist die Antwort: Nein, weil es dann ein Evangeliumsproblem wird!
Einem Mitglied in der Gemeinde soll diese Entscheidung freigestelt werden, aber die Mitglieder sollten anhand Römer 14 unterrichtet werden, das die, die den anderen Probleme bereiten könnten, in deren Gegenwart doch aus Liebe verzichten sollten. Aber diese Bitte dürfte nicht als Maßstab der Heiligkeit oder Liebe zu Christus dienen. Also wenn diese Schwester in ihrer Freizeit Hosen trägt, darf sie nicht die Kinderstunden leiten.
Aber wenn wir wissen, dass dieser Christ damit ein Problem hat, sollen dann alle darauf verzichten, damit er kein Anstoß daran hat? Also ein Ungeschriebenes Gesetz daraus machen?
Da habe ich noch keine definierte Antwort, wie es genau gemacht werden soll. Aber ich kann sagen, das die Gemeinde, in der meine Frau und ich bin, diesen Prozess durchgangen ist. Und wir haben beides, Frauen die Hosen tragen und solche die es nicht tun und es als nicht so gut ansehen. Diese Themen wurden aber alle angesprochen und wir haben Römer 14 durchgenommen.
Aber trotzdem bemerkt man immer wieder, dass es für manche nicht egal ist, wie andere aussehen oder was sie anziehen. Was ich jedenfalls sehe, ist, dass keine Schwester gezwungen wird Hosen anzuziehen, oder das Kopftuch abzulegen. Es wird als Gewissenssache eines jeden betrachtet und nicht verurteilt oder verachtet. Und es wurde gebeten zum Beispiel beim Thema Kopftuch nicht den anderen zu verurteilen oder zu verachten. Und soweit sehe ich das als eine funktionierende Möglichkeit, den Römer 14 Text so auszuleben. Aber es muss von der Gemeindeleitung gewollt und durchgeführt werden. Ohne Druck und Machtmißbrauch.
Ich kann nur persönlich sagen, dass ich offen über die Themen reden kann, ohne Gefahr zu laufen, das ich kritisiert oder „beobachtet“ werde. Und ich bin wirklich glücklich mit der Gemeinde. Gott hat da einiges gewirkt und wirkt weiter. Ich hätte vor Jahren nicht gedacht eines Tages sowas zu erleben und diese Freiheit und Heiligkeit in einer Gemeinde zu spüren.
Und warum ist es wichtig über diese Dinge zu reden und seinen Geschwistern zu helfen? Weil sie sich sonst durhc das Umfeld „gezwungen“ fühlen etwas zu tun, was ihrem Gewissen wiederspricht. Und das wäre fatal. Denn Paulus sagt: in Vers 24
(23) Wer aber zweifelt, der ist verurteilt, wenn er doch isst, weil es nicht aus Glauben geschieht. Alles aber, was nicht aus Glauben geschieht, ist Sünde.
Also, wenn die Schwester aus Gruppenzwang oder durch die Überredung der anderen eine Hose anzieht, aber sich innerlich verurteilt, so ist es Sünde. Es geschieht nicht aus Glauben. Und deswegen ist diese Thematik so wichtig. Für jedes Mitglied in der Gemeinde.
Die Starken sollen wirklich stark sein (Römer 15,1-3)
1 Wir aber, die Starken, haben die Pflicht, die Gebrechen der Schwachen zu tragen und nicht Gefallen an uns selbst zu haben.
2 Denn jeder von uns soll seinem Nächsten gefallen zum Guten, zur Erbauung.
3 Denn auch Christus hatte nicht an sich selbst Gefallen, sondern wie geschrieben steht: »Die Schmähungen derer, die dich schmähen, sind auf mich gefallen«.
Und mit diesen 3 Versen komme ich zum letzten Aufruf an uns. Wenn die, die sich stark im Glauben sehen, wirklich stark sind, so wird ihnen das „Gefällig sein“ in manchen Situationen nicht schwer fallen. Wenn ein Mann seine Shorts nicht lassen kann und Probleme hat sie zu lassen (auch mal bei heißem Wetter) der ist nicht stark. Jesus hat sich auch auf vieles Eingelassen. Er hat sich oft Erniedrigt unter dem Volk und war bereit sich auch anzupassen, obwohl er Herr über alles war. Aber er hatte nicht Gefallen an sich selbst, sondern er wollte uns Retten.
Manchmal ist es ein Verzicht auf seine Freiheit zu verzichten. Aber wenn man das tun kann und innerlich doch dabei frei ist und dadurch eventuell einen Bruder gewinnt, so ist es das wert gewesen.
Aber ich wünsche von ganzem Herzen, das jeder, der diese Texte liest, auch diese Angst und Furcht ablegen kann. Das wir dann so wie Paulus den Galatern, es auch uns sagen kann:
(1) So steht nun fest in der Freiheit, zu der uns Christus befreit hat, und lasst euch nicht wieder in ein Joch der Knechtschaft spannen!
(13) Denn ihr seid zur Freiheit berufen, Brüder; nur macht die Freiheit nicht zu einem Vorwand für das Fleisch, sondern dient einander durch die Liebe.
Wenn wir das beherzigen, wird das untereinander wirklich immer mehr dem Entsprechen, zu was wir als Christen berufen worden sind: Jesus immer ähnlicher zu werden.
Liebe Grüße
Simon